
MEINUNG|Mit dem politischen Mitspracherecht der Bürger ist das so eine Sache. Auch wenn ab und an der Anschein erweckt wird, man habe als einfacher Bewohner einer Stadt etwas zu sagen, ist es letztendlich oft doch nicht so. Ein gutes Beispiel dafür dürfte der Kita-Neubau in Alsfeld sein. Die Eltern wurden mit an einen Tisch geholt – und ihre Meinung dann gekonnt ignoriert. Ein Kommentar von Luisa Stock.
Die repräsentative Demokratie ist manchmal schon verzwickt. Das Volk wählt seine Vertreter, die dann auch genau so heißen, in eine Versammlung, in der Hoffnung, dass seine Meinung von diesen Männern und Frauen aufs Beste in den Parlamenten vertreten wird. Auch die Stadtverordneten sind gewählt, um in der Stavo für die Belange und das Wohlergehen der Bewohner ihrer Stadt einzutreten, zu entscheiden und zu lenken.
Doch manchmal, wenn ein Thema besonders heikel ist oder es unterschiedliche Meinungen gibt, wird der Bürger, der sonst nach der Wahl eher Zuschauer ist, plötzlich zum Akteur, zum Gast an einem Runden Tisch, den die Stadtverordneten empfangen, um die direkte Meinung des Volkes zu hören. Diese direkte Einbeziehung bei größeren lokalen Projekten wird den Menschen immer wichtiger, das zeigen zum Beispiel die vielen Proteste gegen Windparks in unserer Region. Doch wichtig ist auch, dass die Politiker, die die Menschen dort zu sich einladen, die Menschen auch wirklich ernst nehmen und ihnen zuhören. Und deren Argumente in ihre Überlegungen ernsthaft einbeziehen.
Warum fragen, wenn man die Antwort bereits kennt?
Dies war bei der Beteiligung der Eltern und Kitamitarbeiter bei der Suche nach einem Standort in Alsfeld offensichtlich nicht der Fall. ALA und SPD stellten bei der jüngsten Stavo die richtigen Fragen: Warum fragt man jemanden nach seinen Wünschen, wenn die dann kaum Beachtung finden? Warum gibt man das Gefühl von politischem Mitspracherecht, wenn die Entscheidung schon fest steht – zu bauen, wo es am wenigsten kostet. Denn eine große Mehrheit stimmte anschließend für den von der Verwaltung schon früh favorisierten Plan eines Neubaues in der Feldstraße, während die Eltern für den Standort Goethepark waren.
Klar, die Stadt hat durchaus gute Gründe für ihre Entscheidung: Ein Bau in der Feldstraße ist günstiger, er bietet mehr Raum für eine mögliche zusätzliche Erweiterung, der Untergrund ist gut. Doch auch die Eltern hatten gute Argumente auf ihrer Seite: Die zentrale Lage des Goetheparks, bessere Einbindung der Kinder ins Stadtleben und kurze Distanz zum Stadtpark zum Beispiel.
Am Ende bleibt nur eine gute Nachricht
Logisch ist aber auch: Nur weil man jemanden anhört, muss man nicht unbedingt seiner Meinung folgen. Doch die Verantwortlichen der Stadt sollten sehr wohl zur Kenntnis nehmen, dass die Elternvertreter und Kitaverantwortlichen sich ziemlich auf den Arm genommen fühlten. Sie hatten das Gefühl, gegen eine unumstößliche Wand zu laufen und an der schon gefällten Meinung der Verwaltung und der Entscheider von Anfang an nichts mehr ändern zu können. Das wirft ein schlechtes Bild auf die Verantwortlichen, den von ihnen gesteuerten Entscheidungsprozess und die dazu gehörende Kommunikation. Wer eine wachsende Politkverdrossenheit bei seinen Bürgern verhindern will, der sollte als Stadt solche Situationen lieber nicht aufkommen lassen.
Bleibt am Ende der Blick aufs Positive: In Alsfeld gibt es so viele Kinder, dass man nicht mehr weiß, wohin mit ihnen – und das in einem Land, das immer älter wird. Das ist doch wirklich eine gute Nachricht.
Der Beitrag Die Stadt hätte den Eltern besser zuhören sollen erschien zuerst auf Oberhessen-Live.